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Sicherung der Qualität von Patienteninformationen im Internet

Durch Information zur „intelligenten“ Nutzung des Gesundheitssystems

Qualitativ hochwertige Informationen sollen einen Beitrag zur Verbesserung der Eigenkompetenz und Selbstbestimmung des Patienten im Gesundheitswesen leisten. Die Idee dabei ist, dass sachbezogene Information den Patienten dazu befähigt das Gesundheitssystem „intelligenter“ zu nutzen und bei Entscheidungen über Prioritäten und Kapazitäten mitzuwirken.

Neben dem behandelnden Arzt als wichtigste Informationsquelle finden sich für Patienten wichtige Informationen auch im Internet. Die Basis für autonomes Handeln von Patienten soll dabei ein qualitativ hochwertiges, umfassendes, für Laien verständliches und leicht verfügbares Informationsangebot darstellen. Die Güte der Patienteninformationen im Internet ist jedoch sehr unterschiedlich. Neben formalen Mängeln, wie fehlenden Angaben über Autorenschaft und Aktualität, treten Probleme hinsichtlich Neutralität, Auffindbarkeit, Lesbarkeit, Verständlichkeit, Bedienerfreundlichkeit und Informationstiefe auf 1).

Qualität von Patienteninformationen aus Nutzersicht

Ein allgemein anerkannter Standard zur Qualitätssicherung von Patienteninformationen besteht aktuell nicht. Im Folgenden soll daher aufgezeigt werden, welche Methoden zurzeit national und international existieren.

Qualitätskontrolle von Patienteninformationen

Die Grundlage der verschiedenen Ansätze bildet ein Katalog 2), der die Anforderungen an die formale und inhaltliche Ausgestaltung der bereitgestellten Informationen enthält 3).

Selbstkontrolle

Ein Ansatz der Qualitätssicherung besteht darin, gesundheitsbezogene Inhalte durch Selbstverpflichtung der Informationsanbieter zu verbessern. Dazu wurden Ethik-Codes oder Leitlinien von verschiedenen Initiativen (siehe Tabelle 3) entwickelt. Die Betreiber von Internet-Präsenzen verpflichten sich hierbei zur Einhaltung der jeweiligen Regelungen.

Die Anforderungen an medizinische Informationen werden dabei in allgemeine und leicht verständliche Prinzipien zusammengefasst. Ein bekanntes Beispiel ist die “Health on the Net Foundation - HON” aus der Schweiz. Nach ihr sollten “gute” Websites beispielsweise folgende Merkmale aufweisen:

Tabelle 1: HON-Code - Qualitätskriterien für Webinhalte

  • Fachlichkeit der Autoren
  • Unterstützung der Arzt-Patienten-Beziehung
  • vertraulicher Umgang mit Daten
  • Quellenangaben
  • Ausgewogenheit der Informationen
  • Klarheit
  • Rückfragemöglichkeiten
  • Ausweisung der Abhängigkeiten und eigenen Ziele oder Interessen
  • klare Ausweisung von Werbung

Erfüllt eine Internet-Präsenz diese Anforderungen, kann sie nach Prüfung durch die HON ein Gütesiegel offiziell als Auszeichnung auf ihrer Web-Seite präsentieren.

Die Selbstverpflichtung der Informationsanbieter ist als vertrauensbildende Maßnahme zu verstehen. Es bleibt jedoch offen, inwieweit sie tatsächlich zu einer besseren Qualität von Gesundheitsinformationen im Internet beitragen kann.

Externe Kontrolle

Initiativen zur externen Bewertung und Kontrolle von Webinhalten (siehe Tabelle 3) stellen eine sinnvolle Ergänzung zu den dargestellten Bemühungen dar. In diesen Ansätzen bewerten und kontrollieren unabhängige Institutionen die Qualität von Informationen.

Das Ergebnis ihres Urteils wird in Form von Angaben, welche die Qualität beschreiben festgehalten und jedem Nutzer als abrufbare Zusatzinformation bereitgestellt. Diese Verfahren basieren auf einer Spezifikation, welche die Beschreibung von Webinhalten erlaubt. Die Grundidee besteht darin, dass durch ein einheitliches Vokabular inhaltliche Merkmale von Internetpräsenzen beschrieben werden können. Durch Zusatzfunktionen in dem Programm, das es dem Patienten erlaubt Internetseiten zu lesen (Internet Explorer®, Netscape Navigator®, etc.) oder durch andere spezielle Programme, besteht die Möglichkeit nur Informationen zu bestimmten Themen oder für bestimmte Nutzergruppen anzuzeigen. Darauf aufbauend lassen sich auch gesundheitsbezogene Informationen beschreiben bzw. bewerten.

Die Menge an verfügbaren Gesundheitsinformationen im Netz macht es einer einzelnen Institution unmöglich alle Angebote bewerten zu können. Ein weiteres Problem stellt die Vergleichbarkeit verschiedener Bewertungsansätze dar. Zu klären ist weiterhin, welche Institutionen sich federführend mit der Entwicklung von Gütesiegeln beschäftigen sollten und wie ausgeprägt die staatliche Kontrolle in diesem Bereich sein müsste. In einigen Ländern befassen sich übergeordnete staatlich geförderte Einrichtungen mit der Qualitätssicherung von Patienteninformationen (siehe Tabelle 3).

Steigerung der Nutzerkompetenz

Die genannten Verfahren sollen dazu beitragen Nutzern den Zugriff auf Gesundheitsinformationen von gesicherter Qualität zu ermöglichen. Dieses kann eigene Werturteile letztlich jedoch nicht ersetzen. Hierzu ist es erforderlich, notwendige Fähigkeiten zur kritischen Bewertung von Internet-Inhalten zu vermitteln. Mit diesem Ziel haben sich eine Reihe verschiedener Initiativen beschäftigt. Der medizinische Laie kann anhand von Checklisten die Anforderungen an medizinische Informationen prüfen und bewerten.

Ein Beispiel einer solchen Checkliste ist das aus Großbritannien stammende „Discern-Handbuch“, welches unter Verantwortung der Medizinischen Hochschule Hannover auch in deutscher Sprache zur Verfügung steht. Anhand von 16 Kriterien soll der Patient in die Lage versetzt werden die Qualität einer Website selbst einzuschätzen. Die Anwendung der erlernten Fähigkeiten bleibt dem Nutzer letztlich selbst überlassen. Eine Internet-Präsenz, die Patienten informiert, sollte nach dem „Discern-Projekt“ beispielsweise folgende Kriterien erfüllen:

Tabelle 2: Discern-Instrument - zur kritischen Bewertung von Gesundheitsinformationen

  • Ausweisung und Erreichung selbst gesetzter Ziele
  • Zielgruppenrelevanz
  • Aktualität
  • Ausgewogenheit
  • Ausweisung ergänzender Hilfsangebote
  • Beschreibung von Wirkungsweise, Nutzen und Risiken einer Behandlung
  • Ausweisung von Behandlungsalternativen

Ein weiterer Schulungsansatz besteht in der interaktiven Vermittlung von kritischen Bewertungsfähigkeiten über das Internet. Ein solches Beispiel findet sich in der Internet-Präsenz „QUality Information ChecKlist (QUICK)“ (siehe Tabelle 3). Über eine sehr verständliche Sprache sollen „acht Möglichkeiten zur Prüfung der Qualität einer Web-Seite“ vermittelt werden. Die verwendeten Qualitätskriterien sind dabei denen der bereits erwähnten „Health on the Net Foundation“ sehr ähnlich, der Vermittlungsweg ist jedoch spielerischer.

Fazit

Momentan gibt es zahlreiche Initiativen zur Qualitätsentwicklung von Patienteninformationen, ein objektivierender Vergleich dieser zum Teil sehr unterschiedlichen Ansätze fehlt bislang. Die verschiedenen Ansätze, die den Patienten zu kritischem Umgang mit Informationen befähigen wollen, können zu einer selektiven Nutzung von Informationen durch den Patienten beitragen und einen Teil der Informationsasymmetrie aufheben. Konkrete positive Effekte hinsichtlich Angstabbau, Verhaltensänderungen oder Präferenzen für bestimmte Therapieverfahren beim Patienten sind bislang jedoch nicht nachgewiesen 4).

Den Schwerpunkt bei der Information von Patienten auf die „Neuen Medien“ zu legen, scheint problematisch. Eine Bevorzugung dieser Kanäle kann dazu führen, dass im Namen der Abstellung eines Defizits vor allem die oberen und gebildeten Sozialschichten besser gestellt werden. Damit kann die auch in reichen Ländern sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen noch weiter vergrößert werden 5). Untersuchungen aus den USA zeigen, dass gerade sozial und gesundheitlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen geringeren Zugang zu Internet-Informationen haben 6).

Entsprechend müssen Strukturen geschaffen werden, die niedrigschwellig jedem den Zugang zu Informationen, Beratung und Unterstützung bieten und das Internet nur als untergeordnete zusätzliche Informationsquelle nutzen. Solche Ansätze finden sich beispielsweise in der Berliner Selbsthilfekontaktstelle „SEKIS“ www.sekis-berlin.de oder dem Patientenberatungsprojekt „Patienteninformationsnetz Berlin (PIN) www.patienteninfo-berlin.de des Gesundheit Berlin e.V.. Im Vordergrund ihrer Patienten beratenden Tätigkeit stehen der persönliche Kontakt und die direkte Schulung. Als zusätzliches Angebot bieten sie gesundheitsrelevante Informationen auch über das Internet an.

Tabelle 3: Übersicht der Ansätze zur Sicherung der Qualität von Patienteninformationen

Selbstkontrolle:

Externe Kontrolle:

  • Collaboration for Internet Rating, Certification, Labeling and Evaluation of Health Information www.medcircle.org

Staatliche Kontrolle:

Steigerung Nutzerkompetenz:

Literaturangaben

Hinweis: Der Artikel bezieht sich auf ein Kapitel der Diplomarbeit Grundlagen eines Patienteninformationssystems.

Anfragen an den Autor und detaillierte Literaturangaben unter: Stephan-Bockholt@gmx.net

Bibliografische Angaben

Bockholt, Stephan (Ausgabe 08/2003):
Titel: Sicherung der Qualität von Patienteninformationen im Internet.
Zeitschrift: PrInterNet.
Rubrik: Software aktuell.
Mönchaltorf: hpsmedia.
ISSN: 1422-8629
Deutsche Bibliothek: http://d-nb.info/02445365X und http://d-nb.info/019693982

1)
Güntert/Hebenstreit (2001): Qualitätsaspekte der Online-Gesundheitskommunikation.
2)
Eine Tabelle mit den von den verschiedenen Initiativen verwendeten Kriterien findet sich in: Bockholt/Heil (2002): Grundlagen eines Patienteninformationssystems. S. 74ff.
3)
Baehring/Scherbaum/von Danwitz (2001): Reform des Gesundheitswesens.
4)
Diercks et al. (2001): Patientensouveränität.
5)
Rosenbrock (2001): Verbraucher, Versicherte und Patienten als handelnde Subjekte.
6)
Rohde (2000): European Commission Presentation.
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